Wieder über den Atlantik

Mein letzter Post ist schon ein bisschen her – aber wenn man drei Monate auf See war, stauen sich halt zuhause viele Dinge an, die erledigt werden müssen, und das hatte nun mal Vorrang.

Der geneigte Leser erinnert sich: Er hat mich verlassen, als ich gerade nach dem doch heftigen Ritt über Nordsee, Kanal und Biskaya das Schiff wieder in Ordnung brachte und für die Atlantiküberquerung vorbereitete. Dafür stand mir eine Woche zur Verfügung. Wozu musste diese Woche noch dienen?

  • sicherheitstechnische Abnahme durch den Inspektor der  ARC Atlantic Rally for Cruisers
  • kleinere Reparaturen
  • zusätzliche Montage von Solarpanels zur Stromerzeugung auf dem Atlantik
  • Integration aller Crewmitglieder um ein Team zu schaffen.

Gerade zu dem letzten Punkt ist die Organisation der ARC Atlantic Rally for Cruisers recht hilfreich, unter anderem durch die Organisation eines Kostümfests, das in diesem Jahr unter dem Motto “Unterwasser-Kreaturen” stand. Unsere Crew lief dort in voller Mannschaftsstärke auf.

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Dazu gehört auch die Parade aller beteiligten Nationen – in diesem Jahr waren es 38 – durch den Hafen, die immer viele Zuschauer anzieht.

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Zwischendurch sitze ich natürlich herum und muss vielerlei planen: Wer nimmt an welchen Vorbereitungsseminar teil, wie teile ich die Kabinen und die Wachen auf, Proviantplanung und vielerlei mehr.

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Dann wieder ARC-Veranstaltungen wie z.B. das traditionelle Feuerwerk über der Marina, das immer viele Ooohs und Aaaahs hervorruft. Dazwischen dann immer wieder Kontakte mit anderen Schiffen, die sich auf die Rally vorbereiten, so z.B. mit einer sehr netten Familie aus der Gegend von Wiesbaden mit einer Halberg Rassy, aber dazu später mehr.

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Was ein bisschen nervig sein kann, sind die unzähligen “Anhalter”, die durch den Hafen schleichen und eine Mitfahrgelegenheit in die Karibik suchen. Die zurückhaltenderen pflastern nur den Hafen mit ihren Mitfahrgesuchen, wie diese hier:

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Eine der komplexesten Sachen bei so einem Blauwassertörn ist die Proviantplanung. Auch nach mehreren Langtörns lerne ich da immer noch dazu. Auf jeden Fall ist es ganz erstaunlich, was für abenteuerliche Mengen man bei einer so großen Crew einkaufen und an Bord verstauen muss. Bis auf einige Hinweise bei der Planung habe ich das die Crew allein machen lassen, wobei wir vorher eine Delegation zum Seminar Verpflegungsplanung geschickt hatten.  Die Getränke konnte man über eine Liste bestellen, die dann separat angeliefert wurde – Gottseidank, denn über dreihundert Lieter Wasser in Flaschen wollten wir nicht durch die halbe Stadt schleppen.

Was ziemlich viel Arbeit macht, ist der Haupteinkauf im Supermarkt, wie man sieht.

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Der November ist Ausnahmezustand in den Supermärkten von Las Palmas, aber so einen Kassenbon sieht auch die Kassiererin nicht aller Tage…

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Wie das alles verstaut wird, lässt sich praktisch nicht fotografieren, deshalb hier nur ein kleiner Ausschnitt aus unserer Stau-Arbeit.

 

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Auf so einem Schiff ist zwar viel mehr Platz als man glaubt, also war es überhaupt kein Problem, diese Mengen unterzubringen. Allerdings muss man das ganze auf viele, viele Staufächern an allen möglichen Ecken und Enden unterbringen. Also hilft es nichts: Man muss einen Staumeister ernennen, der sich darum kümmert, wo alles verstaut ist, damit man es wiederfindet, wenn man es braucht. Das führt dann – je nach Crew – zu teilweise abenteuerlichen Stauplänen, die aber notwendig sind.  Und so hing dieser Plan dann auch vier Wochen lang an der Wand:

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Aber nach all diesen Vorbereitungen kam dann endlich der Tag des Starts. Am Morgen war noch alles friedlich und still.

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Aber am späten Vormittag machten sich dann so langsam alle zweihundertvierzig Schiffe auf den Weg zur Startlinie. Für alle, die dabei sind und auch für die Massen von Zuschauern, die den Hafen bevölkern.

Auch unsere Stegnachbarn, die “ Mad Monkeys”, machten sich auf den Weg in die Karibik:

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So langsam brachen wir alle auf, um in einer nicht enden wollenden Kiellinie den Hafen zu verlassen. Die Musik, die Verabschiedung per Lautsprecher und die Kaimauern, die schwarz von  Menschen sind, schaffen ein bleibendes Erlebnis.

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Für den Skipper und Rudergänger waren das anstrengende Momente. Das fehlte noch, dass man kurz vom dem Start in diesem Gedränge noch  mit jemand zusammenrasselte. Aber sobald man dann draußen auf dem Atlantik ist, wird es besser – wenn auch alles die kreuz und die quer fährt um zum richtigen Zeitpunkt um Punkt 13 Uhr die Startlinie zu überqueren.

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Aber wenn dann die Startlinie überquert ist und wir auch dem Weg sind, kehrt langsam Ruhe ein. Ab jetzt geht es ja drei Wochen immer geradeaus…

Jetzt zu Beginn sind noch alle dicht beisammen. Es dauert aber kaum zwei, drei Tage, dann sieht man niemand mehr, es verteilt sich sehr schnell alles sehr auf dem weiten Atlantik.

Und dieser Atlantik empfängt uns zunächst mit herrlichem Segelwetter. Diese Armada mit bunten Segeln ist ein beeindruckender Anblick.

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Der Abend naht, und für den Skipper wird es Zeit, den ersten Wachplan für die Crew vorzulegen. Da wir ausreichend Leute sind, habe ich den Vorteil, mich wachfrei stellen zu können. Auf den bisherigen Etappen meiner Reise war das ja anders. Ich musste mangels ausreichend Crew selbst mit Wache gehen, und war natürlich als Skipper auch außerhalb meiner eigenen Wachzeit laufend an Deck. So bildete ich vier Wachen a zwei Personen und blieb selbst frei, immer dann auszuhelfen und an Deck zu sein, wenn es notwendig war.

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So segelten wir dann in unsere erste Nacht auf See, der noch viele weitere folgen sollten.

Aber das schildere ich in der nächsten Folge.

So stay tuned.

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Über den Atlantik–Teil 1

Wundert Euch nicht, wenn Ihr diesen Post doppelt erhaltet – ich habe leider festgestellt, dass das Posten auf facebook beim ersten Mal nicht funktioniert hat.

Auf hoher See kann man schlecht posten, deshalb habt Ihr lange nichts mehr von mir gehört. Aber nun bin ich seit drei Tagen aus Saint Lucia zurück und fange langsam an, mein Material zu sortieren. Deshalb gibt’s heute die erste Portion meines Berichts über die Atlantik-Überquerung im Rahmen der ARC (Atlantic Rally for Cruisers)

Zum einunddreißigsten Mal wird diese Rally dies Jahr veranstaltet und hat sich in diesen Jahren zu einer riesigen Karawane entwickelt. Start ist immer in Las Palmas auf Gran Canaria und Ziel seit vielen Jahren in Rodney Bay auf St. Lucia. Ein Teil der Teilnehmer segelt die ARC+, die etwas früher startet und einen Zwischenstop auf den Kapverden einlegt, der große Rest segelt direkt nach St. Lucia. Über dreihundert Yachten haben dies Jahr die gemeinsame Reise angetreten, an die zweitausend Crewmitglieder waren dabei. 

Angereist bin ich schon eine Woche vor dem Start. Es galt, dem Skipper bei der Vorbereitung des Boots zu helfen. Da gab es genug zu tun. Ich habe lange nicht mehr so viel gespleisst, getakelt und geknotet. Das liegt unter anderem daran, dass wir sehr viel mit Tauwerkschäkeln und Dyneema-Leinen statt der herkömmlichen Schäkel aus Metall gearbeitet haben.

Daneben nahmen wir an einer Reihe von Seminaren teil, mit denen die ARC-Organisation uns auf die Reise vorbereitete. Da ging es u.a. um Kommunikation per Kurzwelle und Mails über Funk, über Wetter und Wetterberichte auf hoher See oder über das andauernde Segeln vor dem Wind.

Auch der Spaß kam nicht zu kurz, mit Crewdinners und Sundowners, wo man mit den Crews anderer Boote ins Gespräch kam, oder mit einem Kostümfest  unter dem Motto “zurück in die Sechziger”, wo ich mich mit meinem Kostüm in bester Gesellschaft wiederfand und wir uns alle mit “Peace, Brother!” begrüßten.

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Im Laufe der Woche traf dann auch unser viertes Crewmitglied ein, sodass wir uns dann dem Einkaufen widmen konnten. Für maximal vier Mengen wegen, aber auch die Frage, WAS wir alles brauchen, war nicht einfach zu beantworten. Frischware wie Obst, Gemüse, Fleisch usw. hält sich bei diesen Temperaturen eben nicht vier Wochen. Also muss man für die zweite Hälfte des Törns das Essen anders planen.

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So langsam rückte der Start immer näher und das Boot wir auch am Tag vor dem Start fertig, sodass der große Stress vorbei war.

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Getestet haben wir im Hafen und bei einem Probeschlag noch die typische Passatbesegelung für das Fahren plat vor dem Wind: Großsegel auf einer Seite mit Bullenstander bzw. Baumbremse und Genua mittels des Spinnakerbaums auf der anderen Seite ausgebaumt. Und so sieht das Ganze aus:

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Wichtig ist es, aufgrund der relativ hohen Wellen, den Spinnakerbaum in allen Richtungen gegen Bewegung zu sichern. Dazu dienen neben der Toppnant (die Toppnant, das Toppnant – ich hab keine Ahnung) als Absicherung nach oben zwei weitere Leinen, die den Baum nach vorn und achtern absichern, wie dieses Detailfoto zeigt:

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Am Tag vor dem Start gab es dann den großen Abschiedsempfang im Königlichen Yachtclub mit reichlich Drinks und Canapees. Ich schätze mal, dass da über Tausend Leute waren.

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Neben netten Gesprächen gab es natürlich auch die obligatorische Festreden vom Chef der ARC, dem Präsidenten des Königlichen Yachtclubs, der Tourismus-Chefin von St. Lucia usw.

Und zum Abschluss bekamen wir dann über dem Yachthafen ein großes Feuerwerk serviert.

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Müde fielen wir dann in die Kojen für die letzte Nacht ohne Schaukelei für wahrscheinlich drei Wochen.

Am Sonntag, den 20. November ging es dann endlich los. Nach einem letzten ausgiebigen Frühstück legten wir dann um 11.30 Uhr ab, um hinaus zur Startlinie zu fahren. Es ist schon ein beeindruckendes Bild: Tausende von Menschen stehen rundherum und verabschieden uns und zweihundertdreißig Boote drängeln sich durch die enge Hafeneinfahrt nach draußen, angeführt von der “Almagores  II”, mit über 33 Metern dem größten Schiff der Flotte.

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Hier mal einfach der Reihe nach einige Eindrücke von dieser gemeinsamen Ausfahrt.

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Damit keine Missverständnisse aufkommen: Die kleine Ketsch im Vordergrund fuhr natürlich nicht mit Bin gleich zurück.

 

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Die gelben Polos seht Ihr übrigens auf vielen Bildern der ARC – das ist die Organisations-Crew.

 

 

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Als wir dann endlich aus dem Hafen heraus waren, war das Gedränge immer noch groß. Unser Skipper musste höllisch aufpassen, damit wir niemanden über den Haufen fuhren bzw. von den Großen nicht über den Haufen gefahren wurden. Schließlich war unsere Maxi 1300 mit 13 Metern eine der kleineren Yachten des Feldes.

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Endlich, um genau 13 Uhr Ortszeit passierten wir dann mit 230 anderen Booten zusammen die Startlinie und es ging los.

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Wie es weiter ging, erzähle ich dann in den nächsten Blogs, damit es noch etwas spannend bleibt.

Also wie immer: Stay tuned !

Euer Segelwolf