Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, Madeira versank so langsam hinter uns und rund 500 Seemeilen offenes Meer lagen vor uns.
Losgegangen war es ja bei totaler Flaute, sodass wir entlang der ganzen Küste Madeiras motoren mussten. Am nächsten Tag kam dann aber doch etwas Wind auf. Nicht viel, aber genau richtig für unseren Spinnaker.
Normalerweise hätte ich ja das Großsegel dabei stehengelassen. Der Wind war aber so dürftig, dass uns der Spi laufend einfiel. Deshalb hatten wir es dann zeitweise mal so probiert, wie auf dem Bild zu sehen.
Leider drehte der Wind dann immer weiter nach vorn, sodass wir ihn irgendwann herunternehmen mussten und dann auch den Rest der Reise nicht mehr herausholen konnten.
Trotzdem hatten wir zunächst schönstes Hochseesegeln.
Leider blieb es nicht ganz so schön, eine Nacht voller Regen, teils schwere Gewitter mit Sturmböen und ein Wind, der immer vorlicher kam, machten das Segeln zwar anstrengend, aber auch ziemlich schnell. Leider bin ich durch das Wache gehen und die sonstige Arbeit nicht mehr viel zum Fotografieren gekommen. Aber ich gelobe Besserung.
Nach dreieinhalb Tagen legten wir am Dienstag, den 17. April in Vila do Porto auf der kleinen Azoreninsel Santa Maria nach 541 Seemeilen an. Man könnte ja sagen, dass der Landfall halt so aussah, wie viele Inseln aussehen.
Santa Maria ist die südlichste der Azoreninseln und eine der kleinsten. Um die fünfeinhalb Tausend Einwohner plus einige Touristen findet man hier. Die Hauptstadt heißt “Vila do Porto” (Hafendorf) und macht ihrem Namen alle Ehre. Dafür gibt es eine sehr hübsche kleine Marina mit einem außergewöhnlich netten und hilfsbereiten Hafenmeister. Zum Beispiel habe ich ihn bei meinem zweiten Besuch von See aus angerufen und gefragt, ob er für uns die Toiletten- und Duschenschlüssel irgendwo hinterlegen könnte, da wir erst frühestens eine Stunde nach seinem Feierabend ankommen. Antwort: “Machen Sie sich keine Sorgen, ich warte auf Sie!”
Wie in fast allen Marinas auf den Azoren ist es Tradition, dass Besatzungen sich entweder vor oder nach ihrer Atlantiküberquerung mit einem Bild, den Namen der Crewmitglieder und der Jahreszahl verewigt.
Nicht alles sind Kunstwerke, aber darum geht es ja auch nicht.
Zum Schluss noch eine ziemliche Besonderheit. Ein junger Deutscher hat sich irgendwann mal ein kleines Holzboot gekauft und ist tatsächlich damit aus der Karibik zurück nach Europa gesegelt. Hängengeblieben ist es auf den Azoren, weil ihm das Geld ausgegangen war. Jetzt warten er dort auf den Sommer, damit das Wetter so ist, dass er gefahrlos weiter ins Mittelmeer schippern kann. Es ist schon abenteuerlich, mit was für einem Gefährt er da unterwegs ist. Eingebaut ist alles – vom Kurzwellenfunk bis zum Grill und der Solaranlage. Ich habe aber keine Ahnung, was davon noch funktioniert. Er ist ein lieber Kerl, aber tauschen möchte ich mit ihm doch eher nicht.
Nach einer Nacht ausschlafen ging es dann die letzten 60 Seemeilen weiter nach Ponta Delgada auf Sao Miguel, dem Hauptort der Azoren. Doch davon mehr beim nächsten Mal.
So stay tuned!