Auf neuen Pfaden

Nach einem sehr schönen Törn zurück von Lanzarote nach Gran Canaria (nur unterbrochen von einem Kurzaufenthalt auf Fuerteventura in Morro Jable – einen Hafen, über den man am besten den Mantel des Schweigens deckt)

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hatte ich am Wochenende den gewohnten Crew-Wechsel. Vorher hieß es Abschied nehmen von allen Bekannten in Mogán, denn die ORION kommt vorerst nicht mehr zurück, da ich ja nächste Woche mit dem Schiff ins Mittelmeer segele und vor her den letzten Crew-Wechsel in Las Palmas habe.

Meine neue Crew ist genial: Wir sind nur zu dritt, alle etwa gleich alt, und alles alte Hasen mit Sporthochseeschifferschein. Also für mich entspanntestes Segeln. Wir haben nochmal aus dem Bootsmannstuhl oben am Mast alle Beschläge und Splinte überprüft, damit auch alles sicher ist, wenn ich nächste Woche große mehrtägige Schläge über den Ozean mache.

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Dann haben wir nach kurzem Kriegsrat beschlossen, mal was Neues auszuprobieren, was bisher von uns so nicht gefahren wurde. Wir sind nachmittags um zwanzig nach fünf losgefahren, immer nach Westen, meistens mit gutem halben Wind, und waren am nächsten Mittag um halb eins auf der kleinsten und am seltensten angefahrenen Kanareninsel El Hierro.

El Hierro ist nur 269 Quadratkilometer groß und hat weniger als 10.000 Einwohner. Vom Massentourismus ist die Insel bisher weitestgehend verschont geblieben, zu abgelegen und zu mühsam zu erreichen ist sie. Viele Jahrhunderte galt sie als das westlichste Ende der bekannten Welt.

El Hierro wurde von der UNESCO im Jahre 2000 zum Biosphärenreservat erklärt. Überall auf der Insel sieht man, wie verantwortlich hier mit der Natur umgegangen wird. Zum Beispiel wird der komplette Stromverbrauch der Insel seit 2010 ausschließlich aus Windkraft gedeckt! Nun weht da ja auch durch den Passat genug und ständiger Wind, aber um dies Ziel zu erreichen, muss man noch mit anderen TGricks arbeiten: So wird zum Beispiel hier ein großes Pumpspeicherkraftwerk mit Windkraft betrieben. In Zeiten guten Windes, dessen Stromerzeugung den Verbrauch überschreitet, wird die Restenergie dazu benutzt, mittels elektrischer Pumpen Wasser in ein Hochreservoir zu pumpen.  Fehlt dann Wind und damit Strom, wird dieses Wasser in das Tiefbecken geschickt und treibt damit Turbinen zur Stromerzeugung an. Das kommt schon dem Perpetuum Mobile recht nahe und Deutschland könnte sich davon ruhig eine Schreibe abscneiden.

Die Ansteuerung der Insel ist recht beeindruckend. Man muss sich im Hafen rechtzeitig anmelden, damit man nicht den Fähren in die Quere kommt, die die Insel mit dem Festland verbinden. (Der Flughafen ist, wie Ihr noch sehen werdet, sehr klein und nur für den Insel-Nahverkehr geeignet.)  

  

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Der Hafen ist schön, modern und malerisch – nur hat er leider für den Yachtie keinerlei Infrastruktur. Es gibt keinen Strom, kein Wasser, keine Duschen – und vom und aufs Schiff kommt man nur mit Mühe, das es nur zwei Leitern gibt. Wer woanders liegt, so wie wir, muss sehen, wie er an Land klettert. Wir haben uns vom Poller herab eine Art Strickleiter selbst gebastelt, an der wir dann auf abenteuerliche Weise herauf und heruntergeklettert sind.

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Wir haben uns dann ein Taxi mit Fahrer gemietet, der uns dann in vier Stunden (für sehr wenig Geld) die schönsten Punkte seiner kleinen Insel gezeigt hat. Ich stelle hier einfach mal kommentarlos ein kleines Fotoalbum mit  Impressionen von El Hierro ein.

 

Unser Taxifahrer gab sich viel Mühe, uns alles zu zeigen und zu erklären – und wenn er es nicht wußte, stieg er aus und fragte jemand. Und das sofort – und wenn es im Dorf mitten auf der Kreuzung der “Hauptstraße” war.

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So wollten wir unbedingt einheimischen Wein kaufen. Also suchte er uns in einem Bergdorf einen Zwergwinter, bei dem wir dann zwei Flaschen Hierro-Wein kauften. Hslbtrocken und mit 14 Volumenprozent ist der eher nicht für das abendliche Besäufnis geeigent, aber so mal einer zwischendurch geht schon. DasWeingut war schon etwas abenteuerlich – und Flaschen gabs auch keine, es wurde erst für uns eine leere Colaflasche geholt.

 

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Zum Schluss noch zwei zwei kleinere Sehenswürdigkeiten. Zunächst der Flughafen, den man mühsam an eine der wenigen flachen Stellen hingequetscht hat. Es gibt aufgrund der kleinen Piste nur Verbindungen nach Gran Canaria, Teneriffa und der Nachbarinsel La Palma.

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Und dann darf man ja nicht vergessen, dass auch die Kanaren viele Jahre lang Ziel afrikanischer Immigranten waren, die als “boat people” auf dem Meer aufgegriffen wurden. Das Problem ist zwar kleiner geworden, weil dieser Flüchtlingsstrom sich andere Wege gesucht hat, aber das Auffanglager für diese armen Menschen gibt es immer noch.

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So, nächste Station ist jetzt La Palma, ein weiteres Paradies hier und die letzte Insel, die mir in meiner Kanarensammlung noch fehlt.

Wir sehen uns.

Sturmritt übers Mittelmeer

Ich habe immer noch Probleme mit meinem Laptop. Nach dem großen Virusbefall ist zwar soweit wie möglich alles wieder ok, aber seltsamerweise lassen sich einige Programme trotz Neuinstallation nicht starten. Ich hab noch nicht herausgefunden, warum. Leider ist davon auch mein USB UMTS Stick betroffen, sodass ich immer bis zum nächsten WLAN warten muss, bis ich was übertragen kann.

Als wir am Donnerstag Mittag in Menorca die Leinen loswarfen, um nach Sardinien zu segeln, wußte ich natürlich schon, dass da einiges auf uns zukommt bei diesem Schlag von 200 Meilen über die offene See. Aber was dann kam, war dann doch mehr als gedacht. Wo, bitte, ist die Telefonnummer der Seewettervorhersage? Ich möchte mich beschweren, weil ich das so nicht bestellt hatte.

Zunächst fing alles ganz harmlos an. Beim Auslaufen begegneten wir noch einigen wunderschönen alten Schiffen, die an der Regattaserie für klassische Yachten um den Pokal des spanischen Königs teilnahmen.

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Da hatten wir dann noch Windstärke drei. Kaum waren wir dann draußen auf dem Meer, war es dann schon vier und im Laufe des Nachmittags briste es dann auf auf Windstärke sechs, das heißt etwa 25 Knoten oder 45 km Wingeschwindigkeit. Das ist für ein Segelboot schon ganz anständig, aber kein Problem. Gegen Abend wurde es dann noch mehr und wir hatten Windstärke 7, in Böen teilweise 8.

Wenn man rechtzeitig die Segelfläche entsprechend verkleinert, ist natürlich auch das kein Problem, der Wind hatte dann knapp 30 Knoten und in der Spitze vielleicht 35 Knoten (65 Stundenkilometer) Geschwindigkeit. War nahmen deshalb nachts das (natürlich schon lange vorher anständig gereffte Großsegel ganz herunter. Ich hatte schon vorher in Mahon unsere kleine Arbeits- bzw. Sturmfock anschlagen lassen, die bei Wind viel besser geeignet ist als eine gleich große halb aufgerollte Roll-Genua (dies für die Segler unter Euch).

Die Besegelung bei einem solchen Wetter sieht dann so aus:

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Ganz schön wenig im Vergleich zum Foto davor, nicht? Reicht aber völlig, um bei geeigneter Windrichtung, die zwölf Tonnen schwere ORION mit Rauschefahrt durchs Wasser zu prügeln.

Klar ist, dass der Skipper bei so etwas zu allererst für die Sicherheit der Mannschaft zu sorgen hat. An Deck haben alle ihr Ölzeug an, dazu eine Rettungsweste und einen Lifebelt. Das ist eine geteilte Leine bzw. Gurt mit Karabinerhaken, um sich überall festzuhaken. Es wind dann an Deck und im Cockpit kein Schritt unternommen, ohne gesichert zu sein. Natürlich geht der Skipper  da mit gutem Beispiel voran:

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Auf Fotos sieht der Sturm mit den dazugehörigen Wellen (bei uns waren sie dann am Freitag in der Spitze vielleicht im Schnitt zwei Meter und die höchsten dreieinhalb Meter hoch) nie so beeindruckend aus wie in Wirklichkeit. Ich versuchs trotzdem mal mit ein paar Impressionen.

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Viel besser sieht man so etwas z.B. in folgendem kleinen Film, für den ich meinem Mitsegler Joachim L. herzlich danke:

So, für heute mach ich Schluss. Es ist halb eins nach einem langen Segeltag <ich werde gut schlafen, es ist nicht mehr so heiß und draußen regnet es auf unser Deck.

Meine Tochter ist schuld

Es dauert nicht mehr lang und ich gehe auf große Fahrt – und statt mich dafür vorzubereiten, sitze ich hier und kämpfe mit den Feinheiten der Arbeit, einen Blog einzurichten.

Warum? Meine Tochter Luana hat mich immer wieder auf interessante Segel-Blogs aufmerksam gemacht und gemeint „was die können, kannst Du doch auch, Papa. Und ich bin sicher, dass Du bei Deinen langen Törns Dinge sehen und erleben wirst, die andere Leute auch interessieren. Na gut, schaun mer mal, dann sehn mer schon, wie Beckenbauer sagen würde.

Wie fing alles an? Und heute? Das seht Ihr hier:

Bevor es am 30. März losgeht, habe ich ja noch genug Zeit zu schildern, wie es dazu gekommen ist, dass ich jetzt für mehrere Monate meinen Schreibtisch verlasse und mir den Wind auf dem Atlantik und im Mittelmeer um die Nase wehen lasse.

Angefangen hat alles Mitte der Sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Hamburg.  Während meine Eltern lieber Motorboot fuhren (was ich demzufolge damals auch tat – siehe Foto oben – und auch heute noch gelegentlich gerne mache), verschwand mein angespartes Taschengeld zusammen mit einem nicht unerheblichen Eltern-Zuschuss in meinem ersten Segelboot, das seinen Liegeplatz auf der Alster bei Rabitz an der Alten Rabenstraße fand. Die „Koralle“ brauchte keinen Trailer, sondern konnte sogar auf dem Autodach transportiert werden , der Mast bestand aus zwei zusammengeschaubten Teilen, was ihn bei Starkwind gelegentlich krumm werden liess mit den entsprechenden Folgen für den Trimm und die Luvgierigkeit. Aber was soll’s, es war MEIN BOOT!

Von diesem Bötchen (in dem ich bei meiner heutigen Figur wohl keine gute solche machen würde) bis zur 15m-Yacht ORION, die ich Ende des Monats als Skipper übernehmen werden ist es ein weiter Weg. Aber dazu später mehr.