Von Brest nach La Rochelle–Teil 1

 

Wie schon erwähnt, hatte ich in Brest einen “Ruhetag”, weil die alte Crew von Bord ging und die “Neuen” an Bord kamen. Von Ruhe ist da meistens nichts zu spüren. Immer ist alles mögliche zu erledigen, zu besorgen oder zu reparieren – und dann kommen ja auch schon die neuen, auf die man ja auch schon gespannt ist.

Am ersten Tag fuhren wir zum eingewöhnen nur quer über die Rade de Brest nach Cameret-sur-Mer, einem kleinen Ort mit Marina, auf dessen Parkplatz erstaunlich viele deutsche Autos standen.

Der´erste große Schlag über 62 Seemeilen kam dann am nächsten Tag. Es ging nach Bénodet, einem netten kleinen Hafen in einer bretonischen Flußmündung. Er zeichnete sich eigentlich durch nichts besonderes aus, deshalb gibts auch keine Fotos. Erstaunlich war nur, dass plötzlich die französische Grenzpolizei mit einem Booterschien, und mit vier Mann eine Schiffs- und Ausweiskontrolle durchführte. Die Jungs waren eigentlich sehr nett. Ich hatte das Gefühl, dass sie eigentlich mehr auf unser Schiff neugierig waren, so einen Typ sieht man ja heutzutage selten. Als sie dann noch erfuhren, dass es ein französisches Boot ar, dass in Marans in der Nähe von La Rochelle gebaut wurde, glänzten zumindest bei einem von ihnen richtig die Augen.

Navigatorisch war dieser Tagestörn ziemlich anspruchsvoll. Man muss schon sehr genau rechnen, damit man nicht an der falschen Stelle von heftigen Strömen in der falschen Richtung erwischt wird. Wir bewegen uns ja in der Bretagne in einem Gebiet, das weltweit führend ist in Bezug auf die Unterschiede zwischen Ebbe und Flut.

Der nächste Tag führte uns dann in die alte Hafenstadt Lorient. Der Name der Stadt kommt von L’Orient, also dem Osten. da dies der Heimathafen der französischen Ostindien-Kompanie war.

Kommt man von See, sieht man als erstes ein altes Fort, dessen Bebauung mit der futuristischen neuen Hafenmeisterei einen schönen Kontrast gibt.

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Dieser Kontrast wird uns hier noch öfter begegnen.

Bei der Ansteuerung sollte man schon ein bisschen vorsichtig sein- wie hier ja eigentlich überall – denn z.B. diese Felsen direkt neben der Fahrwassertonne sind bei Flut nicht zu sehen. Das rumst dann sonst heftig.

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Das auffälligste Gebäude im Hafen ist ein Relikt aus alten Kriegszeiten, nämlich ein riesiger deutscher U-Boot-Bunker.

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Dieser Bunker sollte für das Schicksal der Stadt entscheidend sein. Die Alliierten haben im Zweiten Weltkrieg mehrfach versucht, das Ding zu bombardieren und zu beschädigen. Dank der “soliden Bauweise” ist ihnen das leider nicht gelungen. Man hat deshalb beschlossen, die Versorgungslinien zum U-Boot-Stützpunkt zu bombardieren. Das führte dazu, dass 1943 fast die gesamte Stadt zerstört wurde. Die deutsche Marine hat sich aber trotzdem hier so festgekrallt, dass nach der alliierten Invasion 1944 die Stadt von den Engländern und Amerikanern belagert wurde, die Deutschen konnten sich aber tatsächlich hier bis zum bitteren Ende, also bis zum 10. Mai 1945 halten.

Wie auch anderswo hat man nach dem Krieg versucht, diese U-Boot-Bunker zu sprengen. Ein völlig vergebliches Unterfangen. Die Wände sind so dick, dass das Ding praktisch unzerstörbar ist. inzwischen hat man sich mit den Bunkern auch abgefunden.

Neben supermodernen Anlagen und Schiffen, auch der französischen Marine, sieht man dann auch gelegentlich mal einen Kahn, an dem der Zahn der Zeit doch schon heftig genagt hat:

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Besonders schön finde ich auch diesen verlassenen Dampfer, dessen Vogelbesatz schon etwas unwirkliches wie in einem Hitchcock – oder Horrorfilm hat:

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Lorient ist eines der Zentren der französischen Hochseesegelei. Es gibt mehrere Marinas und einen netten kleinen Stadthafen, in dem wir uns ein Plätzchen suchten, nachdem wir bei Niedrigwasser gerade so eben über die Barre direkt davor geschwappt waren. Dann lagen wir aber sehr schön ruhig, und was wichtig ist: Die neugebauten sanitären Anlagen waren vorbildlich! Wer viel segelt, weiss das zu schätzen.

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Leider lagen wir direkt gegenüber einem Fähranleger, der schon morgens sehr früh wie ein Stadtbus alle paar Minuten ein Schiff brachte, dass dort auch noch geräuschvoll umdrehte.

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Ach ja, zwischendurch mal zwei, drei  Bilder, die jetzt nicht direkt mal was damit zu tun haben:

Wer schon mit mir gesegelt ist, weiß, dass ich eine Schuh-Macke habe und nach längerer Zeit auf See eine Art sockenallergie entwickle. Ich bin deshalb der einzige Skipper, den ich kenne, der an Bord als Segelschuhe seit Jahren Krankenhaus-Clogs benutzt:

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Und schön war in Lorient auch folgendes. Als wir langsam am Militärhafen vorbeifuhren, hörten wir immer so komische Geräusche, die uns aber primär unseemännisch vorkamen.  Auf Verdacht hab dann mal das nachstehende Bild geschossen:

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Ein Stückchen weiter war dann nicht nur zu hören, sondern auch besser zu sehen, was da stattfand: Ein Mensch stand vor seinem offenen Kofferraum und übte in einer französischen Militärgarnison das Blasen auf seinem Dudelsack!!

Wir haben stark vermutet, dass seine Frau ihn rausgeworfen und zum üben woanders hin geschickt hat.Verliebt

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Beim Wegfahren am nächsten Morgensahen wir dann wieder den U-Boot-Bunker und haben dann dahin noch eine Runde gedreht, um uns das alles näher zu betrachten:

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Hier kommt wieder der Kontrast ins Spiel: Vor dem Bunker liegt ein völlig verrostetes gesunkenes Schiff – und neben dem Bunker ist die modernste Marina der Bretagne, in der ausschließlich millionenteure Regattaschiffe liegen:

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Unter anderem lag dort ein Wahnsinns-Trimaran. Ich konnte leider den Namen nicht erkennen, aber wenn der abgeht, ist nicht mal fliegen schöner:

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Wir man sieht, werden diese Bunker auch heute noch genutzt. unter anderem finden dort Tauchgänge statt und es wird Seenotrettung geübt.

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Beim Auslaufen kamen uns dann einige seglerische Legenden entgegen.

Es begann mit einer wunderschönen Yacht aus alten Zeiten:

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Danach kamen dann zwei Schiffe, die beide Segelgeschichte geschrieben haben. Es waren zwei Yachten des weltberühmten französischen Hochseeseglers Eric Tabarly, der alle seine Yachten Pen Duick nannte. Nacheinander fuhren an uns die Pen Duick III und Pen Duick VI vorbei, sein vorletztes Schiff, bevor er als Einhandsegler auf der Pen Duick VII 1998 von Bord fiel und ertrank.

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Alle diese Schiffe werden hier in Lorient erhalten, liebevoll gepflegt und segeln immer noch.

Von hier aus ging es dann auf eine der schönsten bretonischen Inseln, aber davon dann beim nächsten Blog.

So stay tuned!