Ich hab lange nichts von mir hören lassen. Das liegt unter anderem daran, dass ich dies Jahr so viel gebucht bin wie noch nie zuvor – ich bin kaum noch zuhause!
Neben einigen Skippertrainings, von denen es nichts zu berichten gibt, bewege ich mich zur Zeit auf dem tollsten Schiff, das man als Charterskipper überhaupt fahren kann: einer Garcia Exploration 52 namens POLARIS. Nicht nur ist das eine Luxusyacht vom feinsten – das< wäre ja schon schön genug. Es ist aber auch eine extrem stabile Aluminium-Expeditionsyacht, die mit ALLEM ausgerüstet ist, was man für Autarkie auf dem Wasser braucht: Konvektoren-Warmwasserheizung in allen Kabinen, Wassermachter, Solar, Windgenerator, Dieselgenerator SSB-Funk, und so weiter, ich kann das gar nicht alles aufzählen.
Ursprünglich sollte ich das Boot in der Karibik fahren, worauf ich mich auch schon sehr gefreut hatte: Kuba, Jamaika usw., und dann von New York zurück nach Europa. Leider wurde das Boot letzten Herbst in der Irischen See von einem Fischer gerammt, bei dem niemand auf der Brücke war. Damit fiel die Amerika-Reise erstmal aus.
Am 9. April ging es dann stattdessen in Europa los: Das Boot kam aus der Werft in Bremerhaven, und mit dem Eigner und einigen Kollegen haben wir es dann als Testfahrt über die Nordsee und das Ijsselmeer nach Amsterdam überführt. Dort übernahm ich dann das Boot und die Reise ging mit Gästen weiter. Über den ersten Teil kann ich relativ schnell hinweg gehen, denn über die Strecke Amsterdam – Zeebrugge – Boulogne-sur-Mer – Dieppe habe ich ja schon oft berichtet.
Von Dieppe aus überquerten wir den Kanal Richtung England. Dort bin ich seglerisch seit dem Brexit nicht mehr gewesen und war gespannt, wie das denn jetzt mit den Einreiseformalitäten funktionieren würde – Schauergeschichten hatte ich ja vorher gehört. Es stellte sich aber als supereinfach heraus: Formular im Internet mit Schiffs- und Crewdaten ausfüllen, hochladen – und das war’s! Keine Zoll- oder Passkontrolle im Hafen, nichts. Ich war’s zufrieden.
Der erste Hafen auf englischem Boden war Brighton. Von da aus ging es nach Shoreham und dann in das beliebteste Segelgebiet Englands: Den Solent mit Cowes als “Segelhauptstadt”. Neben einem unheimlichen Verkehr mit allem von Segelbooten über Schnellfähren bis zu Containerfrachtern bleiben einem am besten die urigen Pubs in Cowes in Erinnerung, davon gibt’s aber leider keine Fotos.
Der nächste Stopp war die Großstadt Southhampton und von da zum Crew-Wechsel nach Plymouth. Hier lagen wir in einer kleinen Marina mitten in der Stadt, genau am Fuß des “Spinnaker-Tower”, des Wahrzeichens von Plymouth.
In Plymouth gibt es ein sehr schönes Marinemuseum, sehr zu empfehlen. Dort liegt – einigermaßen konserviert – das Flaggschiff von Admiral Lord Nelson. Leider ist oben zur Zeit alles abgebaut und eingerüstet im Zuge eines mehrjährigen Restaurierungsprogramms.
Die nächsten Tage bewegten wir uns im Solent – und haben trotzdem nur einen Bruchteil dessen gesehen, was man dort machen kann.
Am Ausgang des Solents kommt man dann an dieser weltberühmten (jedenfalls unter Seefahrern) Felsformation namens “The Needles”vorbei.
Die nächste Nacht haben wir dann in einer wunderschönen kleinen Ankerbucht verbracht. Wir wollten mal das Schlauchboot in Betrieb nehmen, das an unseren Davits am Heck hängt.
Ideal , um diese grandiose Ankerbucht namens Worbarrow Bay zu erkunden.
Weiter ging es dann bei ziemlich gutem Wetter längs der englischen Südküste. Hier mal ein kleiner Blick auf meinen Arbeitsplatz – da kann man als Skipper nicht meckern.
Nachdem wir dann vor Falmouth noch ein superheftiges Gewitter mit weit über 40 Knoten Wind abgewettert haben, ging es über Penzance an Lands End vorbei zu den Isles of Scilly. Vorher kamen wir aber noch an eine Stelle, wo ich endlich ein Foto machen konnte, das ich schon seit Jahren vorhatte: Wolf Knipfer vor dem berühmten Leuchtturm namens Wolf Rock!
Auf den Isles of Scilly war ich noch nicht – aus einem ganz einfachen Grund: Es gibt dort keine Marinas und keine Häfen zum Anlegen. Ohne ein Beiboot mit Außenborder kommt man also nicht an Land. Und das verstaute Beiboot bei den anderen von mir gefahrenen Schiffen nur dafür herauszuholen und aufzublasen, war mir bisher immer zu mühsam.
Trotzdem kommen einem da an engen Stellen sogar Kreuzfahrer entgegen – allerdings fährt das Lotsenboot voraus und scheucht alle beiseite.
Im Normalfall geht man dort (z.B. vor Hugh Town auf St. Mary’s) an eine Boje, nimmt das Schlauchboot und fährt in den Pub
Auf den Isles of Scilly hatte ich endlich einmal die Gelegenheit, mit einem Schiff trockenzufallen. Das geht mit der POLARIS, weil sie ein Schwert hat,das man einziehen kann. Mit einem “normalen” Kielboot, wie ich sie sonst fahre, geht das nicht.
Man gräbt sich bei etwa halber Tide mit Bug- und Heckanker ein und wartet, bis das Wasser weg ist. Hier kann man deshalb z.B. hier sehr gut sehen, wie ein richtig in den Grund gefahrener Anker aussehen sollte:
Zwei Tiden haben wir so verbracht, da das erste Hochwasser mitten in der Nacht war und ich nachts nicht weiterfahren wollte.
Das Boot liegt mit eingezogenem Schwert sehr schön auf dem Mittelteil. Allerdings muss man ca. 15 Grad Schräglage in Kauf nehmen, aber das hat man ja beim Segeln auch.
Sieht schon gewaltig aus, wenn man da unten steht.
Schließlich mussten wir aber doch weiter, wir wollten ja noch nach Wales und weiter bis nach Dublin in Irland.
Wir verließen also die Isles of Scilly und fuhren an beeindruckenden Felsformationen vorbei weiter nach Norden. Gut navigieren muss man hier schon, zumal auch nicht unerhebliche Tidenströme auftreten.
Geplant war als nächster Hafen Milford Haven in Wales. Zunächst dachten wir ja, wir würden dort mit allen Ehren begrüßt – sogar das Feuerlöschboot war ausgelaufen, um Salut zu spritzen!
Leider galt das aber nicht uns, und als ich mich dann erst bei der einen und dann bei der anderen anmeldete, hatte keine für uns auch nur ein Plätzchen frei. Wir gingen dann in einer schönen Bucht westlich von Milford Haven vor Anker und fuhren mit dem Schlauchboot an Land. Dort fanden wir dann zu unserem großen Erstaunen in einem winzigen Dorf eines der besten Restaurants, die ich bisher in Großbritannien hatte. Junge Leute mit einer jungen kreativen Küche – einfach toll!
Da es weiter nördlich auf der englischen Seite kaum Häfen gibt, in die man mit einem Schiff wie die POLARIS hineinkommt, fuhren wir dann schon hinüber auf die Irische Seite, zunächst nach Arklow. Da wir wenig Wind und schönes Wetter hatten,durften wir noch ein paar tolle Segelmomente erleben:
Nach insgesamt sieben Wochen auf diesem schönen Schiff endete dann mein Törn in Dublin, wo der Eigner das Boot für die nächste Etappe übernahm. Diese ging – auch noch mit anderen Crews – die Irische Küste hoch und hinüber nach Schottland, wo ich dann wieder hinflog, um von dort das Boot durch den Caledonian Canal und die nördliche Nordsee hinüber nach Norwegen zu fahren.
Aber das kommt dann in der nächsten Geschichte.
So, as always: stay tuned!