und weiter geht es auf der großen Reise bis in den Süden Portugals.
Nach Guernsey und Großbritannien steht jetzt für ein ganzes Stück Frankreich auf dem Programm.
Begonnen haben wir in der großen Bucht von St. Malo, die sich durch einen noch heftigeren Tidenhub als auf den englischen Kanalinseln direkt davor auszeichnet. Bis zu zwölf Meter und mehr gibt es hier bei Spring in einigen Ecken.
Ein Franzose, der auf Guernsey neben mir lag, empfahl mir als Anlaufhafen das bretonische Dorf Lézardrieux, auf das ich von selbst im Leben nicht gekommen wäre. Lézardrieux liegt diverse Meilen landeinwärts am Fluss Trieux, auf den ersten Blick weitab vom Schuss. Wenn man aber genau hinschaut, sieht man, dass dieser Fluss die acht Meilen hinauf komplett schiffbar und selbst bei Niedrigwasser ausreichend tief ist. Also haben wir das Wagnis gewagt, und sind fast bei Ebbe dort hinein gefahren. Hier mal einige Bilder von dieser Fahrt:
Man schaue sich z.B. mal diese Seezeichen näher an:
Das sind die Backbordtonnen der Hafeneinfahrt, etwa bei halber Fluthöhe.
Oder auch so:
Und hier nochmal ein Vergleich “vorher – nachher”:
Die Fotos geben das gar nicht so toll wieder, aber in natura ist das schon beeindruckend.
In der kleinen Marina haben wir dann mit Mühe einen Platz gefunden, allerdings lagen wir da eher wie ein gestrandeter Wal zwischen den kleineren Booten herum
Ansonsten ging’s uns aber ganz gut – vor allem nachdem wir den idealen Ort für die Aufbewahrung unserer Rotweinvorräte gefunden hatten:
Leider hatten wir nicht viel Möglichkeiten, leckeres französisches Essen zu probieren. Erstens kamen wir reisebedingt erst spät an, und zum zweiten ist das ein ganz kleines Dorf von weniger als zweitausend Einwohnern, es gab also auch nicht viel.
Am nächsten Morgen mussten wir dann bei Eintritt der Flut mit ablaufend Wasser auch schon weiter und ließen einen Ort zurück, an den ich bestimmt noch einmal mit mehr Zeit kommen möchte.
Der vorletzte Stopp auf diesem Teilabschnitt war dann der Fährhafen von Roscoff, der den meisten Sportseeschifferscheinbesitzern (wow – was für ein Wort!) aus den Navigationsaufgaben wohlbekannt ist. Zu sehen gab es da nix interessantes, deshalb auch keine Fotos, genauso wie vom letzten Schlag in die große alte Hafenstadt Brest.
Dieser letzte Törn war navigatorisch für mich eine besondere Herausforderung: Der direkte Weg führt durch eine Enge namens Raz de Sein, die als eine der kritischsten Stellen für kleine Schiffe in Europa überhaupt gilt. Dort gibt es durch Ebbe und Flut bestimmte Strudel, Meeresströme die schneller laufen als unser Schiff fahren kann und im übelsten Fall ganz gewaltige Wellen. Die Seehandbücher sagen eindeutig: Nur durchfahren, wenn man es schafft, genau dann dort zu sein, wenn der Strom von Ebbe nach Flut kippt oder umgekehrt, also keine Strömung herrscht.
Abends vorher saß ich eine halbe Stunde, umringt von Seehandbüchern, Karten und Tidentabellen, um meinen Kuss zu berechnen: Resultat: Wir schafften es auf eine Viertelstunde genau. Also war die Durchfahrt völlig harmlos.
Auf dem letzten Stück nach Brest gab es dann nochmal so eine Stelle, durch die man zu bestimmter Zeit durch musste. Auch das gelang uns – nur waren wir dann viieel zu früh vor Brest, und haben dann nachts von drei Uhr bis acht Uhr morgens in der Bucht von Brest umhergekreuzt, um dort bei Tageslicht einzulaufen.
Ein spannender Törn von über siebenhundert Seemeilen ging dort zu Ende, und mit Wehmut verabschiedete ich mich von einer Crew, mit der es ganz besonders viel Freude gemacht hat.
Aber wie immer: Neues Spiel, neues Glück, und mit Spannung erwartete ich dann die neue Mannschaft, mit der ich von Brest nach La Rochelle segeln wollte.
Doch davon mehr im nächsten Blog.