der geneigte Leser wird sich erinnern: Im Frühjahr fuhren wir mit der Traumyacht POLARIS von HS-Segelreisen von Bremerhaven nach Amsterdam, was mehr oder weniger eine Werft-Erprobungsfahrt nach einer umfangreichen Reparatur- und Ausrüstungsphase war. In Amsterdam übernahm ich das Boot dann als Skipper und führte es über Belgien und Frankreich an die englische Südküste, nach Wales und weiter nach Dublin in Irland. Von da ging es nach Hause, weil ich noch einen Segeljob in Deutschland hatte. Das Schiff ging aber weiter die Irische und die Schottische Küste hoch bis Oban. In Oban stieg ich dann wieder zu, um das Boot mit meinem Kumpel Nils, dem Skipper-Guru, immer weiter hoch nach Norden bis hinter den Polarkreis zu fahren.
Wenn man von Oban nach Norwegen will, gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten:
- Entweder “außenrum” nördlich von Schottland mit Zwischenstopp auf den Orkneys und den Shetlands oder
- “innenrum” durch den Caledonian Canal nach Inverness und weiter nach Norwegen.
Da im Norden kaum Wind war, entschieden wir uns für die Reise durch den Caledonian Canal, der ein touristisches Erlebnis der ganz besonderen Art ist.
Dieser Kanal ist uralt! Er wurde 1803 – 1822 erbaut, ist 97 km lang. Die Höhenunterschiede werden von insgesamt 29 Schleusen ausgeglichen, teils einzeln, teils in Schleusentreppen, deren längste, Neptune’s Staircase, aus 8 Einzelschleusen besteht und die längste Schleusentreppe in Großbritannien ist. Du fährst stunden- und tagelang durch herrliche Landschaften. Nur etwa ein Drittel der Gesamtlänge des Kanals wurde künstlich geschaffen, ansonsten wurden natürliche Gewässer genutzt. Das sind einige der berühmesten schottischen Lochs, an der Spitze natürlich Loch Ness. Aber am besten der Reihe nach.
Zunächst geht es von Oban noch ein ganzes Stück landeinwärts einen tiefen Einschnitt nach Nordosten bis Fort Williams. Erst dort beginnt dann der Kanal.
Hier kann man sehen, wie das auf meinem Navigationscomputer aussieht:
Der eigentliche Kanal fängt erst rechts oben in Fort William an, aber dann gleich richtig: Zu Beginn erwartet einen sofort Neptune’s Staircase, der die Crew mit acht Schleusen am Stück gleich mal richtig arbeiten lässt. Auch dem Skipper bricht der Schweiß aus, weil sich ein Riesenhaufen Boote inklusive eines fetten Katamarans in kleine enge Schleusen zwängt.
Danach geht es dann in den ersten von mehreren großen Seen bis zur nächsten Schleuse am anderen Ende. Inzwischen haben sich die Boote so verteilt, dass wir vor der Schleuse schon allein warteten.
Und so sieht diese am Anfang furchterregende Schleusentreppe von unten aus. Das hintere Tor der einen Schleuse ist immer gleich das vordere Tor der nächsten Schleuse. Der Schleusenwärter wandert praktisch von Schleuse zu Schleuse mit. Warten muss man schlimmstenfalls ziemlich lange, da diese Treppe naturgemäß immer nur in eine Richtung funktioniert und der Gegenverkehr warten muss, bis alle durch alle Schleusen durch sind, erst danach wird dann in die Gegenrichtung geschleust.
Hier mal ein paar Eindrücke, wie es in dieser Schleusentreppe so zugeht. Man muss sich da schon arg konzentrieren.
Irgendwann ist man dann oben, und wenn man ganz besonderes Glück, kreuzt gerade der Scottish Highland Express, heutzutage besser bekannt als Hogwarts Express. Allerdings fährt das für den Film verwendete Original nicht vom Gleis 9 3/4 in London nach Hogwarts, sondern von Fort William nach Mallaig.
Weiter geht es im Kanal.
Zwischendurch immer wieder lange offene Strecken durch die Lochs ohne Schleusen. Dann wieder mitten drin eine einzelne Schleuse. Teilweise sind die Schleusengebäude tatsächlich zweihundert Jahre alt, und mittendrin steht dann ein schön eingepasstes neues Gebäude.
Mittendrin fährt man zwischen zwei Seen durch ein ganz enges Stück Kanal in einem Waldgebiet. Schöner kann es da kaum noch werden.
Irgendwann kommt dann sozusagen die “Gipfelschleuse”, und von da an geht’s bergab. Auch da wartet dann wieder kurz vor dem Kanalende eine ganze Schleusentreppe auf uns. Aber die Crew ist mittlerweile so routiniert, dass uns auch die geballte Ladung von Schleuse 21 bis Schleuse 27 nicht mehr schrecken kann.
Gerade im östlichen Bereich kurz vor Inverness ist der Kanal eine echte Touristenattraktion und man schleust vor haufenweise Publikum.
Aber irgendwann ist nach zwei Tagen auch die schönste Kanalfahrt mal zu ende und das Boot lechzt – wie auch die Besatzung – nach dem offenen Meer. An Inverness vorbei ging es dann hinaus auf die Nordsee und ab nach Norden.
Nach einem kurzen Stopp in Wick in Nordschottland ging es hinaus auf die Nordsee und vorbei an den Orkneys weiter zu den Shetlands. Der nächste Stopp war die Hauptstadt Lerwick, ein kuscheliges schottisches Städtchen mit 7.000 Einwohnern.
Der Hafen war eher nicht überlaufen mit Sportbooten, allerdings ist es nicht immer einfach, ein Plätzchen für unseren Riesenwal zu finden. Da gerade kein Kreuzfahrer zu erwarten war, durften wir an deren Terminal festmachen.
Nach einem leckeren Abendessen in einem (unerwarteterweise) superguten kleinen Restaurant ging es dann am nächsten Morgen über die Nordsee Richtung Norwegen, und weiter an der Küste mit dem Ziel Polarkreis – eine landschaftlich beeindruckende Strecke, wie jeder weiß, der da oben schon mal gewesen ist.
Aber das ist dann der Inhalt des nächsten Posts.
So stay tuned!