Unsere beiden Boote MOLA und LISSY III, die mein Kollege Ronald und ich mit der ARC 2021 in die Karibik gefahren hatten, mussten ja nun im Frühjahr wieder zurück in die Ostsee. Also setzte ich mich im März diesen Jahres wieder einmal in den Flieger und flog in die Karibik. Diesmal war das Ziel wieder St. Martin – oder Sint Maarten, wie die Holländer sagen, denen ja neben den Franzosen ein Teil der Insel gehört.
Wir übernahmen unsere beiden Schiffe und bereiteten sie auf die Rückreise vor. Einkaufen mussten wir etwas weniger, weil das Boot nicht ganz so voll war wie auf der Hinfahrt. Dennoch waren alle Rückreiseetappen viel besser gebucht als in den vergangenen Jahren, wahrscheinlich ein Mitnahmeeffekt von Covid-19.
Die größte Marina von Sint Maarten liegt im holländischen Teil hervorragend vor allen Wetterunbilden geschützt in einer Lagune. Nachteil: Man kommt nur zwei oder drei Mal am Tag heraus, weil dafür eine Klappbrücke geöffnet werden muss.
Leider habe diesmal kaum Fotos gemacht, ich hatte einfach zu viel zu tun. Deshalb bin ich meinem Freund Wulf dankbar, auf dessen Bilder ich teilweise zurückgreifen konnte.
Die Navigation über den Atlantik in West-Ost-Richtung ist deutlich komplexer als andersherum. Von Gran Canaria in die Karibik gilt im Prinzip der alte Seglerspruch “Nach Süden, bis die Butter schmilzt, dann rechts abgebogen und zwei Wochen geradeaus”. Rückwärts ist das schwieriger. Gegen den Passat im Süden kann man oder will nicht gegenansegeln . Also muss man weit nach Norden fahren, wo an der Nordseite des Azorenhochs und an der Südkante der non Kanada nach Europa ziehenden Tiefs Westwind herrscht. Man muss da ständig korrigieren: Fährt man zu weit nach Norden, kommt man in die Atlantikstürme der Tiefdruckgebiete, fährt man zu weit nach Süden, landet man in der totalen Flaute des Azorenhochs. Hier mal eine Wetterkarte, aus der man das Erkennen kann:
Im Süden – etwa zwischen dem 10. und dem 20. Breitengrad – verläuft die Passatwindzone mit stetigen Winden aus Nordost, ideal für die Fahrt von den Kanaren in die Karibik. immer Wind schräg von hinten, besser geht es nicht.
Zurück möchte man aber gegen diesen kräftigen Wind nicht gegenan fahren. Also muss man eine Zone suchen, wo der Wind aus Westen kommt, damit man dann mit ihm gut zurück nach Osten fahren kann. Wenn man nun noch weiß, dass die Winde rechts herum aus dem Hoch herausdrehen und links herum in das Tief hinein, ist klar, wo man hin muss: An die Nordseite des Hochs und/oder an die Südseite der Tiefs.
Genau das haben wir auch gemacht, wir die rote Kurslinie in etwa zeigt.
Die Gefahr dabei ist, dass das Wetter ja nicht statisch ist. Das oben ist die Ausgangslage, als wir in der Karibik losfuhren. Zweitausendsechhundert Seemeilen und zwanzig Tage weiter sah die Sache schon ganz anders aus: Mit glück und guter Planung sind wir einem Orkantief gerade noch ausgewichen. Wir hatten zwar die letzten paar Tage heftigen Wind, aber fünfzig Meilen weiter nördlich wäre es sehr ungemütlich geworden
Bei 30 Grad West seht Ihr oberhalb der “1027” und des “H” mehrere kleine Punkte: Das sind die Azoren, unser Ziel. Unser Kurs war in etwa von der “1929” dahin. Ihr seht: Direkt über uns war ein Sturmtief, das weiter nördlich sogar Orkanstärke erreichte. Auf der anderen Seite war fünfzig Meilen weiter südlich im Azorenhoch die absolute Flaute. Ihr seht: In diesen Gefilden sind Navigator und Wetterfrosch mindestens so wichtig wie der Kapitän. Aber der steht im Mittelpunkt – und da steht er häufig im Weg.
Einiges an großen Wellen haben wir aber doch abbekommen. Aber das sieht gefährlicher aus als es ist.Diese großen Wellen sind so weit auseinander, dass das mehr oder weniger ein Auf- und Abgleiten. ist. Kommen sie allerdings von hinten, hat man manchmal schon das Gefühl, so ein Riesending steigt gleich ins Cockpit ein, aber das passiert nie.
Wir sind aber natürlich gut und sicher auf den Azoren angekommen. Allerdings hatten wir auf dem Atlantik ein kleines Problem. Irgendwo war das Schiff undicht und es kam doch einiges an Wasser ins Schiff. Wir haben tagelang gesucht und alles mögliche ausprobiert, das Hauptleck haben wir nicht gefunden. Also haben wir eine Zeitlang trickreich mit einer Gartenteich-Pumpe das Wasser aus dem Schiff geholt. Die funktionierte natürlich nur mit 230 Volt, also mussten wir sie über einen Inverter betreiben, der aus den 12 Volt Gleichstrom als Bordspannung dann wieder 230 Volt Wechselstrom machte.
In Horta angekommen, habe ich das Boot dann aus dem Wasser genommen, was schon ein Abenteuer für sich war. Der Travellift (ein spezieller Bootskran) war dem Gewicht unseres Bootes an seiner Kapazitätsgrenze angekommen und wir hatten schwere Bedenken, dass er unsere 18,6 Tonnen nicht hochbekam. Hat aber alles gut geklappt und waren dann endlich in der Lage festzustellen, dass das Undichtigkeitsroblem nicht im eigentlichen Unterwasserschiff lag, sondern im Ankerkasten, gut versteckt unter 60 Meter Ankerkette.
Was gibt es sonst noch? Geburtstag haben wir an Bord gefeiert, mit frisch gebackenem Kuchen und Kaffee – natürlich ohne Alkohol.
Sonst war der Rest der Reise mehr oder weniger ereignislos, ich habe auch kaum Fotos machen können. Interessant ist nur noch, dass wir natürlich auch unser Rig mal checken mussten. Und wie schon so oft: Als erstes meldet sich ein Mädchen, um den Mast hochzugehen.
So, das war’s erst einmal. Der nächste größere Trip war fünf Wochen auf den Azoren. Davon sind leider vier Wochen ausgefallen. Erst bekam ich Corona (trotz vollständiger Impfung), dann konnte ich eine Woche von Ponta Delgada nach Horta segeln, und beim nächsten Crewwechsel am Samstag musste ich wegen Magenschmerzen mittags in die Ambulanz des Krankenhauses. dort haben sie mich dann gleich dabehalten und noch am gleichen Abend um acht Uhr wegen Verdacht auf Blinddarmentzündung operiert. Als sie mich endlich aufgeschnitten hatten, stellte man fest, das es letztendlich nicht der Blinddarm war, sondern ein Abszess am Dickdarm – auch nicht lustiger. Damit waren dann die restlichen Wochen auf den Azoren auch erledigt und ich bin vorzeitig nach Hause geflogen. Leid tun mir vor allem die Kunden, aber auch der Veranstalter Nordtörn , der zweimal mich kurzfristig ersetzen musste.
Inzwischen bin ich wieder zuhause, die OP-Fäden sind gezogen und ich bin wieder auf dem Damm. Zur Zeit mache ich gerade zwei Törns ab Flensburg in die Dänische Südsee, aber das ist ja allseits bekannt, dazu gibt es keinen neuen Post von mir.
Aber: neue großartige Törns stehen im Herbst und Winter bevor, der nächste Post bringt alle Daten für die, die mit wollen.
So stay tuned!