Angekündigt hatte ich ja schon, dass ich in diesem Sommer als Skipper für eine ganz besondere Reise angeheuert wurde: Die erste ARC Baltic Rally. Einmal rund um die Ostsee als “Gruppenreise” mit insgesamt 27 Booten und Crews aus zehn Ländern.
Ende Juni bin ich ja von Bingen am Rhein nach Schleswig-Holstein in die Nähe von Husum umgezogen, deshalb konnte ich nicht die ganze Strecke fahren (Der Umzug ging natürlich vor), sondern nur das zweite und dritte Drittel. Trotzdem ließ es sich terminlich leider nicht vermeiden, meine arme Frau mit einem Berg immer noch unausgepackter Umzugskartons und nicht funktionierender Technik zurückzulassen. Alles hat – wie eigentlich ja immer – viel länger gedauert als gedacht. Deshalb ist es an der Zeit, mich einmal auch öffentlich bei Angelika zu bedanken, ohne deren Mitarbeit und übergroßes Verständnis wären diese Reisen für mich überhaupt nicht möglich.
Am 6. Juli fuhr ich nach Kiel, wo die Rally startete und nahm dort an einem ersten Skipper-Briefing und einem Crew-Dinner für alle Boote im Kieler Yacht Club teil und verabschiedete dann die SANTA MARIA, die gleich nach dem Dinner noch vor Mitternacht aufbrach.
Mein Skipperkollege Reinhard fuhr das Boot dann die erste Teilstrecke bis nach Estland, wohin ich dann am 14. Juli per Flugzeug mit viel Gepäck aufbrach, um das Boot dort zu übernehmen. Tallinn ist eine wunderschön restaurierte alte Hansestadt, im Sommer voll bis übervoll mit Touristen. Leider hatte ich mein Kamera-Ladegerät nach dem Umzug noch nicht wiedergefunden, also gibt es aus Tallinn leider keine Bilder. Ich habe mir dann dort ein kleines Universal-Ladegerät gekauft und war dann bei der Abfahrt wieder schussbereit.
Das erste Teilstück der Reise interessierte alle besonders, denn niemand von uns war es schon einmal gefahren: Es ging bis an den östlichsten Punkt des Törns, nach St. Petersburg. vorher haben wir aber noch einmal auf estnischem Gebiet in einer völlig einsamen bucht geankert und einen wunderschönen Abend verlebt.
Die Fahrt nach St. Petersburg selbst war ziemlich langweilig. Man fährt 120 Seemeilen immer unter Motor geradeaus auf einer Seestraße und muss sich alle paar Meilen – genau wie die Großschifffahrt – per Funk melden.
Dann kommt man zur Insel Kronstadt, die das Tor zur St. Petersburger Bucht darstellt. Dort legt man dann an einer Immigrations-Haltestelle an, die immer noch den Charme und die Geruhsamkeit, aber auch die bürokratische Gründlichkeit des Sozialismus ausstrahlte. Die Leute waren zwar sehr freundlich, aber langsam, gründlich, genau und der Papierkrieg war beeindruckend. Da merkt man erst einmal wieder, was man an der EU und besonders an Schengen hat! Die Jungs untersuchten das ganze Schiff von vorne bis hinten, damit auch ja niemanden nach Russland hineinschmuggeln!
Danach ging es dann noch einige Meilen weiter bis zur Stadt. Es begann mit uralten Hafenanlagen vor prächtigen Kirchen.
Und dann blieb uns doch etwas der Mund offen stehen, als wir sahen, wie die Stadt heute aussieht, und vor allem, wer denn noch alles so da war…
Wir legten dann mit allen 27 Yachten im St. Petersburger Yachtclub an, was über die Toppen geflaggt schon ein beeindruckendes Bild war.
(Übrigens: Wer’s noch nicht gemerkt hat: Wenn man auf die Bilder doppelkickt, kann man sie in Groß betrachten)
Dieser Yachtclub war schon etwas besonderes: Gegründet mit Genehmigung des Zaren im Jahre 1860, wurde er, wie es in seiner Chronik heißt, im Jahre 1920 “an die Gewerkschaften übergeben” – was man ja wohl schlicht als Enteignung interpretieren darf. Heute ist er aber teilweise etwas heruntergekommen, aber der Treffpunkt der neureichen Gesellschaft von Sankt Petersburg. Löchrige Straßen, alte Gebäude, Restaurants in Zelten – aber davor die beeindruckendste Sammlung von Luxuskarossen, die ich jenseits von Monaco jemals gesehen habe. Das Lieblingsauto vieler wohlhabender Russen ist der riesige schwarze SUV, gerne mit komplett getönten Scheiben, das ging dann los bei Range Rover und Audi Q7 aufwärts. Dann folgten die großen Sechs- und Achtzylinder von Jaguar, BMW und Mercedes, und dann kam die Gruppe der Porsches, Rolls Royce und Bentleys, dazu der eine oder andere Ferrari (der hässlichste in anthrazitgrau !!!) und als Krönung – fahrend auf der Straße wie ein gewöhnliches Auto – ein leibhaftiger Bugatti, das einzige straßenzugelassene Auto mit über 1.000 PS und einem Kaufpreis von 1,5 Mio. Euro.
Insgesamt hatten wir in Sankt Petersburg fünf Tage Aufenthalt. Das gab uns genügend Zeit, eine Stadtrundfahrt zu machen, mehrere Museen zu besuchen usw. – alles mit Preis der Rally inbegriffen und von den ARC-Leuten organisiert.
St. Petersburg ist eine beeindruckende und prächtige Stadt von fünf Millionen einwohnern. Es würde viel zu weit führen, alles zu zeigen und zu erklären, deshalb gibt es hier einfach mal ein kleines Fotoalbum mit Petersburger Impressionen.
Zwei wirkliche Highlights haben wir noch gesehen, die einer besonderen Erwähnung wert sind: Winterpalast und Eremitage sowie das Schloss Peterhof.
Doch darüber mehr im nächsten Teil der ARC Baltic Rally.