Mann, ich hinke ja so was von hinterher mit meinem Blog, aber wenn ich zuhause bin,ist hier so viel zu tun, dass ich nicht zum schreiben komme, und segelnderweise war ich in diesem “Sommer” (mehr als Anführungsstriche hat er ja nicht verdient…) hauptsächlich auf Rügen und in Kiel unterwegs. Wenn ich da Führerscheinausbildung mache, komme ich auch zu nix, weil meine Schüler mich von früh bis spät fordern.
Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, in Ponta Delgada, der Hauptstadt der Azoren. Um mehr von der Insel Sao Miguel zu sehen, fuhren wir in den zweiten Hafen auf der Insel: Vila Franca do Campo.
Vila Franca war früher die erste Hauptstadt der Azoren. Heute ist es eine schnuckelige Kleinstadt mit knapp über 4.000 Einwohnern. Man erkennt an den Häusern aber durchaus den Wohlstand und an den öffentlichen Bauten die ehemalige Pracht.
Interessant ist zum Beispiel, dass praktisch alle Häuser vorne kleine religiöse Tafeln hängen haben, die ich anderswo so noch nicht gesehen habe. Hier ist mal ein Beispiel:
In der Ausschnitt-Vergrößerung sehen diese Tafeln so aus.Wie in ganz Portugal üblich, sind diese Bilder auf Kacheln gemalt:
Die Stadt wirkt außerordentlich gepflegt mit hübschen kleinen Palästen und Kirchen. Ab und zu bieten sich Ausblicke auf das Meer.
In Vila Franca wohnten der Lehnsherr der Insel, der
Gründeradel und die Großgrundbesitzer. Bis 1518 war hier die
Zollbehörde ansässig und schnell wurde der Ort zur wichtigsten
Siedlung auf der Insel. In der Nacht vom 21. auf den 22. Oktober 1522
wurde der Ort jedoch von einem durch ein Erdbeben verursachten
Erdrutsch zerstört. Die gesamte Bevölkerung von etwa 5.000
Menschen kam dabei ums Leben. Danach wurde die Hauptstadt
nach Ponta Delgada verlagert, das diesen Status bis heute erhalten hat.
Vila Franca erholte sich wieder und ist heute ein blühendes Kreisstädtchen.
Neben wunderschönen Häusern gibt es viele kleine Parks mit gepflegten Blumen.
Wir nutzten den freien Tag, um mit dem Bus in die Berge zu fahren und uns eine weitere Insel-Attraktion anzusehen: Die heißen Quellen von Furnas.
Dies 6 km lange Hochtal ist viel wärmer als der Rest der Insel und hat auch eine höhere Luftfeuchtigkeit, sodass in diesem Mikroklima Pflanzen gedeihen, die es sonst auf der Insel nicht gibt, wie z.B. Zedern oder Araukarien. Die Hauptattraktion sind aber die im Tal
entspringenden insgesamt 23 warme bis heiße Mineralquellen – einige von ihnen sind Geysire – mit bis zu 98 Grad Wassertemperatur. Also besser nicht dort baden – mal ganz abgesehen vom Schwefelgestank. Interessant ist das aber schon:
Nach den heißen Quellen machten wir einen Abstecher zum Landwirtschaftlichen Institut der Azoren, das hier eine Jungpflanzenzucht unterhält. Außerdem gibt es eine Zucht der verschiedensten Fasanenarten, großartige und wunderschöne Vögel, einfach sehenswert.
Einen großen Teil des Tales nimmt die “Lagoa das Furnas” ein, ein vulkanischer See an der tiefsten Stelle des Tales. Natürlich gibt es auch hier wieder die heißen Quellen.
Hier wurden die heißen Quellen bzw. der heiße Sand traditionell zum Kochen benutzt – sogar die hiesigen Gourmetrestaurants garen hier ihren Bratenvor. Man bastelt sich kleine Öfen im heißen Sand, versenkt den Topf dort und buddelt das Ganze wieder zu. Soll hinterher sehr zart und schmackhaft sein. Leider hatten wir keine Zeit, es zu probieren.
Nach einer Viertelstunde Warten in einer der beeindruckendsten Bushaltestellen, die ich kenne
fuhren wir mit dem Bus zurück nach Vila Franca zurück, von wo wir dann die große Reise antraten.
Am nächsten Nachmittag starteten wir dann zum größten einzelnen Teilstück des Törns: Direkt von den Azoren über den Atlantik und die Biskaya nach Brest in Frankreich. Gottseidank wussten wir da noch nicht, welche Hindernisse wir unterwegs zu überwinden hatten:
- Aufgrund eines durchtrennten Stromkabels im Hafen war ein Teil unserer Batterien im Eimer. Zum Schluss mussten wir auf eine Stunde Segeln eine Stunde Motorlaufzeit zum Batterien laden einplanen.
- Das führte natürlich dazu, dass uns gegen Ende des Törns langsam aber sicher der Diesel ausging (Ich hatt
e aber noch genug Reserve versteckt. - Wettermäßig war alles dabei, von herrlichem Raumschotswind bis Windstärke 7 gegenan.
- Zwei Tage vor dem Ziel riss uns auch noch bei besagter Windstärke 7 das Großsegel beim 2. Reff.
- Und generell war es für mich ziemlich anstrengend, da ich mit zwei ganz lieben jungen Menschen unterwegs war, die aber beide Anfänger auf einer Segelyacht waren. Neben regelmäßigem Wache gehen blieb also auch sonst viel für mich zu tun – unter anderem kochen, da die beiden sich unter Deck kaum aufhalten konnten.
Nach fast vierzehn Tagen und über 1.300 Seemeilen kamen wir dann endlich in Brest an. Fotos gibt’s von diesem Teilstück leider keine, da ich aus verständlichen Gründen nicht zum Fotografieren gekommen war.
Den Rest des Törns durch den Englischen Kanal, die Nordsee und den Nord-Ostsee-Kanal bis Kiel gibt’s dann im nächsten Post.
So stay tuned.