Moin Freunde,
seit Ende September bin ich wieder auf Langfahrt unterwegs. Die Reise führt mich diesmal von Rügen über Kiel, den Nordostseekanal, die Nordsee, den englischen Kanal, die Biskaya,längs der spanischen und portugiesischen Atlantikküste bis Lissabon, dann weiter über Madeira, La Palma, Teneriffa nach Gran Canaria und von dort mit der ARC wie letztes Jahr nach St. Lucia in der Karibik. Wenn alles gut geht, bin ich dann am 23. Dezember wieder zuhause – wenn nicht, gibt’s Ärger mit meiner besseren Hälfte .
A propos bessere Hälfte: Die hat mich zum Abschied von Rostock über Kiel bis Brunsbüttel begleitet, ebenso wie meine Tochter, die schon auf Rügen zugestiegen war und mit mir allein dieses große 15m-Schiff unter Segeln die 70 Meilen nach Rostock gefahren hat.
In Brunsbüttel stieg dann mein Co-Skipper Marcel zu, der mich bis Gran Canaria begleiten wird. Als erstes haben wir einmal die für so eine Reise etwas popelige Nationale durch eine anständigerer Größe ersetzt. Auf der Ostsee kann ein Charterboot sicher damit fahren, aber auf den Atlantik gehört für mich bei einem Boot dieser Größe eben etwas anderes.
Über die ersten Etappen bis Kiel gibt’s nicht viel zu berichten. Normales Ostseesegeln eben. Leider war das Wetter nicht allzu toll, aber meine Hoffnung ist ja, das es auf meiner Reise von Woche zu Woche wärmer wird…
Im Kiel Kanal klarte es etwas auf, sodass wir eine halbwegs schöne und ruhige Überfahrt bis zu unserer Übernachtungsstelle in Brunsbüttel hatten.
Dort stiegen dann Frau und Tochter aus.
Aber dann…
Am nächsten Morgen kamen die ersten Ausläufer der Sturms auf uns zu, der in den nächsten Tagen für Chaos in ganz Nord- und Ostdeutschland sorgen sollte. Ich handelte mir schon meine erste Planverspätung ein, weil ich natürlich entschied, bei dem dräuenden Sturm mit Orkanböen nicht in die Nordsee zu laufen,sondern nur einmal 17 sm quer über die Elbe nach Cuxhaven, weil wir da besser liegen und die Einkaufsmöglichkeiten besser sind.
Diese kurze Querung mit der neuen Crew von zwei Mann machte ich sicherheitshalber unter Maschine, da am ersten Tag Windstärke 8 für die Leute ja nicht so lustig ist. Um so größer war dann mein Erstaunen, als uns die “Wappen von Bremen”, eine der bekanntesten deutschen Yachten, cool unter Segel überholte und trotz gegenan kreuzens immer an unserem Bug vorbei dennoch schneller in Cuxhaven war als wir.
Die “Wappen von Bremen IV” ist eine der bekanntesten deutschen Hochseeyachten und eine der drei Yachten der Segelkameradschaft “Das Wappen von Bremen”, die sich seit 1934 um das Hochseesegeln in Deutschland verdient machen. Die Yacht ist aus Aluminium, 16,80 m lang und hat zehn Schlafplätze. Seit Jahrzehnten machen die die Yachten tolle Reisen um die Welt, um die selbst ich als erfahrener Skipper die Kollegen beneide. Letztes Jahr ging’s zum Beispiel zur Olympiade nach Rio.
Die Jungs und Mädels sind ja eine ganze Weile vor mir her gekreuzt. Es war eine absolute Freude, die Seemannschaft an Bord z.B. in der Schleuse zu beobachten und mit welcher Präzision und Schnelligkeit die Crew bei den Wenden funktionierte. Chapeau – und das alles bei richtig viel Wind.
Nicht dass wir uns falsch verstehen: Auf einer Bavaria mit Rollgroß und einer Dreimanncrew, die am ersten Tag zusammen ist, wollen und können wir uns damit nicht vergleichen. Aber in den nächsten Tagen bekomme ich meine Crew auch noch vernünftig hin.
In Cuxhaven war dann aber erst einmal Endstation. Der Sturm düste heftig über uns hinweg, an ein Rausfahren war nicht zu denken, das wäre lebensgefährlich geworden. Hier mal ein paar Bilder aus dem Yachthafen, als es heftig anfing zu blasen:
Beachtet mal, wie schräg die Boote am Steg liegen!
Es ging da ziemlich über zu kehr. Im Laufe des Vormittags erschienen alle möglichen Eigner – teilweise in ihren Büroanzügen – um zusätzliche Leinen auszubringen und alles zu sichern.
Ich selbst hatte bei uns an Bord fünf (!) Vorleinen und Vorsprings ausgebracht (und eine Achterleine). um das Boot am Steg zu halten. So etwas in einem Hafen hab auch ich noch nicht erlebt.
Zum Schluss einfach noch ohne Worte einfach mal am Liegeplatz den Windmesser abfotografiert:
Und das ist der Blick aus unserem Cockpit über die Hafenmauer. Und draußen tobt die Elbe…
Auf dem nächsten Teilstück hatte ich wieder das Problem, das mich immer trifft, wenn ich mit großem Schiff und kleiner Crew unterwegs bin: Es bleibt einfach keine Zeit zum Fotografieren. Deshalb gibt es vom üblen Wetter, das wir bezwangen, leider keine Fotos. Aber Geduld, ich arbeite an Plänen, das für die Zukunft zu ändern und Euch spannende Bilder zu liefern. Auf dem Segelwolf-Blog stehen nächstes Jahr größere Veränderungen bevor. Seid gespannt!
Am Tag darauf war der Wind soweit abgeflaut, dass ich das Auslaufen verantworten konnte, schließlich fahren wir ja ein großes und mit über 18 Tonnen auch schweres Schiff. Die Hafenmeisterin erklärte uns zwar für leichtsinnig und verrückt, aber das sind wir nicht. Ich bin schon vorsichtig und gehe für Besatzung und Schiff keine unnötigen Risiken ein. Aber mit einem gut vorbereiteten Schiff, einer vernünftigen Crew und einem erfahren Skipper kann man durchaus auch Starkwind abreiten.
Und das haben wir getan! In der deutschen Bucht erwarteten uns Winde zwischen 6 und 8 Beaufort. Schon stärker, aber mit dem großen Schiff kein Problem. Meine Crew fühlte sich zu keinem Zeitpunkt unsicher, wie sie mir bestätigte. Es bestätigte sich aber auch hier wieder der alte Spruch, dass die Schiffe mehr aushalten als die Besatzung: Einem Crewmitglied war so gründlich schlecht, dass er bis den Helder keine große Hilfe war.
Und nach den Helder mussten wir. Bei solchem Wetter gibt es in den ganzen deutschen und holländischen friesischen Inseln praktisch keine Alternative. Das einzige wäre Borkum gewesen, aber mit viel Welle im Seegatt und ca. 30 Seemeilen Umweg lockte mich da auch nicht gerade viel. also durch.
Und jetzt sind wir schon wieder weiter – bei so einer Überführung habe ich es ja eilig. Also eine Nacht von den Helder in Holland nach Nieuwport in Belgien durchgesegelt, Dort in der zweiten Nacht gegen Mitternacht angekommen. Am nächsten Vormittag weiter nach Boulogne-sur-mer in Frankreich, Ankunft ebenfalls nachts um zwölf. Dort stieg dann unser vierter Mitstreiter Bernd ein, was mich ein wenig entlastet. Und jetzt sind wir schon wieder unterwegs auf einem Nachtschlag nach Le Havre.
Vorhin habe ich mit dem Deutschen Wetterdienst telefoniert. Damit ist meine weitere Routenplanung Makulatur, die vorsah, am kommenden Sonntag von Guernsey aus die Biskaya-Überquerung Richtung La Coruna zu starten. Leider kommt uns da ein heftiges Sturmtief in die Quere, das wohl Wellenhöhen von 7 Metern und Böen bis 11 Beaufort bringen soll. Das warten wir lieber ab. Aber alles hat seine guten Seiten: Dadurch habe ich doch noch Gelegenheit, einige meiner Lieblingsplätze in Frankreich anzulaufen. Wie es uns da erging, lest Ihr dann im nächsten Blog.
So stay tuned.