Tetouan – eine Prise Orient für Segler

Nach dem Ausflug auf die so britische Halbinsel Gibraltar segelten wir einmal quer über die Gibraltar-Straße nach Afrika. Erst wollten wir nach Ceuta, der spanischen Enklave in Marokko, aber da der Wind günstig stand,fuhren wir gleich weiter nach Marina Smir in Marokko.

Schon in der Marina merkt man, dass man Europaverlassen hat, so gut sie auch qualitativ ist: Ein einsamer Grenzpolizist muss 24 Stunden in einem winzigen Büro sitzen und der 1,2  Schiffe harren, die da vielleicht am Tage kommen. Dann werden Einreisezettel ausgefüllt, alles in den Computer eingegeben, wichtige Stempel in die Pässe gedrückt (Personalausweis geht natürlich nicht) – und bei der Ausreise das ganze Prozedere dann umgekehrt.

Die Armut ist schon groß – wenn man bedenkt, dass wir Angebote bekamen, uns einen ganzen Tag für zehn Euro zu begleiten und zu dolmetschen. Wir haben das allerdings nicht angenommen, sondern uns in Tetouan einen zumindest etwas professionelleren Reiseführer gesucht.

Wenn die Marina auch westlich aussieht, die Präsenz arabischer Tiere schmückt dann doch den Hafen auf orientalische Weise.

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Wir mieteten uns dann ein Taxi und fuhren in die marokkanische Großstadt Tetouan

Über Tetouan habe ich ja vor ziemlich genau einem Jahr schon geschrieben. Deshalb heute nur ein wenig über die Stadt, ansonsten sollen diesmal die Bilder für sich sprechen.

Die Stadt liegt ungefähr 10km vom Mittelmeer umringt von Bergen. Tetouan hat über 350.000 Einwohner und hat ein mildes, für marokkanische Verhältnisse regenreiches Klima. Es gibt hier sogar – ungewöhnlich für Marokko – relativ viel Regen. Den haben wir allerdings nicht erlebt.

Wir nahemn uns also ein Taxi nach Tetouan. In Marina Smir ist so wenig los, dass der Taxifahrer sich anbot, kostenlos auf uns zu warten und uns fünf Stunden später wieder zurück zu fahren. Er besorgte uns auch gleich den passenden Führer. Den Basar bzw. Souk ohne einen solchen zu besuchen, ist ziemlich zwecklos. Erstens findet man aus dem winkligen Gassengewirr nicht wieder heraus und zweitens würde man manche iinteressanten Dinge gar nicht sehen. Natürlich versucht jeder Führer, einen in die Läden zu lotsen, wo er Provision bekommt, aber dem kann man ja auch widerstehen, wenn man will.

Das abenteuerlichste in diesem riesigen Souk ist, dass es mitten im Ort schon seit Jahrhunderten eine riesige Gerberei gibt. Nun ist gerben ja nicht ungiftig und wurde in Europa deshalb meist an den Stadtrand verlegt. Es roch hier ziemlich, aber ich möchte nicht wissen, wie das hier im Sommer stinkt.

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Ansonsten erzähle ich diesmal weniger (wer mag, kann ja über Tetouan mehr in meinem Blog vor genau einem Jahr nachlesen) und lasse jetzt einfach mal einen Haufen Bild-Impressionen eines arabischen Bazars für sich selbst sprechen.

Der Besuch war natürlich etwas anstrengend, sodass wir dann am nächsten Tag bei der Rückfahrt uns etwas ausruhen mussten. Böse Zungen behaupten, ich würde mit aufgebahrten Leichen durchs Mittelmeer fahren, es war aber nur Steffen, der sich ausruhte und sich auf dem Vordeck durchlüften ließ.

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Die Kurzwoche endete dann wieder in Malaga, wo ich dann wieder Wechsel der Mannschaft für die Überfahrt nach Palma hatte. Darüber später mehr. Inzwischen bin ich schon weiter, in Menorca auf dem Wege nach Sizilien, aber in den lketzten Wochen hatte ich so schlechtes Wetter, dass ich weder zum Fotografieren geschweige denn zum Bloggen kam.

Segelwolf-Update

Lange nichts geschrieben, weil ich vor lauter segeln nicht dazu kam. Hier kommt der Update der letzten Wochen.

Nach unserem Sturmritt von den Kanaren nach Madeira war windmäßig erst mal die Luft raus. Der große Schlag von fünf Tagen über den Atlantik war relativ ereignislos. Wenig Wind, teilweise mussten wir auch unter Motor laufen. Die wenigen Male, wo es richtig Wind gab, hielten die Crew allerdings nicht vom Kochen und Essen ab.

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Dann gab es auch mal schönste Rauschefahrt und tolles Segeln.

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Aber meistens zeigte sich der Nordatlantik von seiner friedlichsten Seite – nur schade, dass der Jahreszeit gemäß das bisschen Wind auch noch aus Nord bis Nordost kam -  also genau daher, wo wir denn hin wollten. Aber das ändert nichts daran, dass Abendstimmung in der Weite des Meeres einfach ein unvergessliches Erlebnis ist.

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Natürlich bekamen wir auch diesmal auf unserer Reise den schon traditionellen Besuch. Diesmal war die Dame aber beringt, also domestiziert und nahm sozusagen den Bus nach Gibraltar. Insgesamt blieb sie fast zwanzig Stunden bei uns an Bord. Allerdings hatten vor vorsichtshalber die jeweilige Wache beauftragt, das Schiff umgehend nach der Herstellung wieder von der entsprechenden Taubenkacke zu befreien. Wie man sieht, pflegte sie in den langen Wachstunden einen umfangreichen Gedankenaustausch mit dem Rudergänger.

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Wir hatten natürlich neben einem vollen Tag auch für die große Strecke reichlich Diesel in Reservekanistern mit. Als wir dann sicher waren, Gibraltar mit Reserven zu erreichen, haben wir die Reservekanister in den Haupttank umgefüllt. Das ist auf See eine wacklige Angelegenheit. Insofern war die Art, wie ein Crewmitglied ihren Liebsten sichert, damit er beim Tanken nicht üner Bord geht, zwar gut gemeint, im Ernstfall aber vielleicht nicht ausreichend gewesen.

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Ohne weitere besonderen Vorkommnisse erreichten wir dann die Straße von Gibraltar und mit dem Leuchtturm von Tarifa den südlichsten Punkt Europas.

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Der letzte Tag der Reise von Gibraltar nach Malaga war dann ereignislos, und nach vierzehn Tagen hieß es dann Abschied nehmen von der Überführungscrew.

Einen Ruhetag hatte ich in Benalmádena bei Malaga. Das reichte, um das Schiff wieder auf Vordermann zu bringen und mich ein bisschen auszuruhen , sowie die wichtigsten Einkäufe (Handy und Internet-Stick aufladen usw.) zu machen. Unser Liegeplatz war diesmal ein Logenplatz für alle möglichen Ereignisse. So werden hier z.B. die Jungs bei der Kommunion in unmögliche Uniformen gesteckt und müssen für den Papa an allen möglichen Ecken posieren, damit das Ereignis auch gebührend in Form von fotografischen Aufnahmen festgehalten wird. Also wurden wir gebeten, den jungen Herrn Admiral doch auch mal ans Ruder zu lassen.

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Am Sonntag Morgen fand dann vor meiner Haustür der erste Triathlon von Benalmádena statt. Die Damen und Herren radelten in den Hafen, parkten dort ihre Rennräder, und rannten ihre erste Runde direkt bei mir am Schiff vorbei.

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Danach traf dann meine neue Crew ein , mit der ich einen Sechstage-Trip nach Gibraltar und Marokko machte. Dem Ausflug nach Tetouan in Marokko ist ein extro Blog gewidmet, der demnächst folgt. Heute soll es erst einmal wieder nach Gibraltar gehen, wo ich sehr gerne bin. Einige der nachfolgenden Bilder verdanke ich meinem Crew-Kollegen Andreas, wofür ich herzlich danke.

Es blieb bei wenig oder gar keinem Wind, als wir uns von Malaga nach Gibraltar aufmachten. Vor dem berühmten Felsen ist die Reede, auf der massenweise Tanker liegen, die darauf warten, in der Bucht von Gibraltar (auf Spanisch Bahia de Algeciras – natürlich NICHT Gibraltar – die Engländer und Spanier sind sich ja ob der Halbinsel immer noch nicht grün) zur größten spanischen Raffinerie fahren zu dürfen.

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Um die Ecke ist dann die Einfahrt in die Gibraltar-Bay. Schaut Euch ruhig die Fotos an, die ich vor genau einem Jahr in den Blog gestellt habe. Hier sei nur noch einmal Europa Point gezeigt; die Südspitze von Gibraltar ähnelt ein bisschen dem Zuckerhut in Rio..

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Die Tanker bringen nur zum teil Erdöl zur Raffinerie. Die meisten holen dort Treibstoff ab und bringen den dorthin, wo es keine Raffinerien gibt. Da vor der Raffinerie nicht genug Platz ist, werden die großen Tanker über kleine Zubringer-Tanker auf der Reede “gefüttert”.

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In der Queensway Quay Marina gab es noch zwei Sehenswürdigkeiten zu bestaunen, die ich Euch nicht vorenthalten möchte. Schaut Euch zum Beispiel mal die nachstehende Segelyacht genau an:

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Fällt Euch was auf? Richtig! Der Mast steht völlig frei! Keine Stagen, keine Wanten, nichts!! Da die Yacht aber immerhin so aus Amerika über den großen Teich gekommen ist, muss das ja wohl funktionieren. Wenn man auf dem Foto links genau hinschaut, sieht es so aus, als ob der Mast drehbar ist und durch das Deck auf dem Stahlboden des Schiffes, vielleicht mit einem Zahnkranz oder so etwas gestellt ist. Außerdem hat der Mast natürlich einen extrem großen Durchmesser.

Das exakte Gegenstück zu diesem High Tech Teil lag nur einige Schritte weiter. Zu den nachstehenden Bildern kann ich nur sagen: Wunder, wunderschön, aber Arbeit ohne Ende…

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Das Gegenstück an Land dazu stand auf dem Marina-Parkplatz, ein herrlich erhaltener und restaurierter Porsche Spider aus den Fünfziger Jahren, in dem ein Engländer erschien und seine Yacht bestieg.

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Zum Schluss kommt jetzt noch ein Album mit Impressionen von Gibraltar , aufgenommen vom Affenfelsen – einschließlich der berühmten Affen von Gibraltar. Der Sage nach bleibt der Felsen so lange Britisch, wie dort noch ein Affe lebt. Allerdings nehmen sie zur Zeit überhand und werden ziemlich frech. Sie kommen von ihrem Felsen bis in die Stadt hinunter und beklauen rotzfrech die Fußgänger. Wer mit einer Einkaufstüte vom Supermarkt läuft, kann damit rechnen, dass ihm die abgenommen wird und die Viecher sich die Leckereien heraus suchen. Wer eine grüne Tüte von Marks & Spencer mit den gekauften Klamotten hat, bleibt unbehelligt…

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War das ein Ritt

KEs fing alles ganz harmlos an. In Las Palmas de Gran Canaria kam de neue Crew an Bord. Nach dem üblichen Großeinkauf für den langen Törn ins Mittelmeer segelten wir am Ostersonntag den ersten Eingewöhnunsschlag nach Santa Cruz auf Teneriffa. Naja, segeln ist gut – Kein Wind und neun Stunden unter Motor.

Am nächsten Tag ging es dann auf den ersten Hochseeschlag nach Madeira über ca. 275 Seemeilen Atlantik-Blauwasser.   Da wir ja nun Tag und Nacht segeln müssen, steht als erstes einmal eine Wacheinteilung an. Unser Schiff ist auf diesem Langstreckentörn absichtlich voll besetzt mit acht Leuten. Das hat den Vorteil, dass der Skipper nicht mit Wache gehen muss, sondern jederzeit gerufen werden kann und trotzdem wenigstens ein Minimum an Schlaf bekommt.  Bei der Segelei hat sich bei mir ein System bewährt, das nachts Wachen von drei Stunden und tagsüber Wachen von vier Stunden vorsieht. Bei drei Wach-Crews sieht das wie folgt aus:

Uhrzeit

1. Tag

2. Tag

3. Tag

21 – 24

A

B

C

00 – 03

B

C

A

03 – 06

C

A

B

06 – 09

A

B

C

09 – 13

B

C

A

13 – 17

C

A

B

17 – 21

A

B

C

 

Wie man hieraus erkennt, verschieben sich die Wachdienste pro Crew jeden Tag um eine Wache, sodass gerechterweise jede einmal angenehme Uhrzeiten und auch jeder einmal die unangenehme “Hundewache” von Mitternacht bis drei Uhr hat.

Los ging es, wie die letzte Etappe aufgehört hatte. Wir legten Mittags um halb zwei in Santa Cruz ab und mussten erst einmal, von wenigen kurzen Intervallen abgesehen, 24 Stunden unter Motor laufen. Zeit genug, mal zwischendurch leckere Snacks zu reichen,

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Aber Dann gings los, und das gleich heftig: Dienstags um eins fingen wir an zu segeln, um vier musste ich schon zwei Reffs ins Großsegeln binden und um acht Uhr abends wurde die Genua gegen die Sturmfock getauscht, die wir vorsichtshalber schon am zweiten Vorstag, dem Kutterstag angeschlagen hatten.  Der Himmel zog sich zu, Schauer gingen durch und die Atlantikwellen erreichten schon mal 3 – 4 Meter Höhe.

Das war ja alles noch normal. Mit der richtigen Kleidung ist so ein Wetter ja  überhaupt keine Sache. Zeitweise hatten wir weit draußen auf dem Atlantik sogar noch einen Passagier, der sich mehrere Stunden bei uns ausruhte, bevor er weiterflog.

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Jedenfalls war die Mannschaft bei Windstärke 5 – 6 besten Mutes.

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Als wir aber dann in die zweite Nacht kamen, wurde es heftig. Der Wind nahm immer mehr zu, bis wir dann gegen Morgen, so um sechs Uhr Böen mit Spitzengeschwindigkeiten von 50 Knoten hatten – das ist ausgewachsener Sturm mit maximal Windstärke 10 !Da hatte sich dann im Laufe der Nacht die sowieso schon recht hohe und lange Atlantikdünung zu strammem Seegang aufgebaut. Es ist schwer zu schätzen, aber eine Wellenhöhe von 8 Metern hatten wir mindestens.

Zum fotografieren hatte ich in dieser Zeit wenig Gelegenheit, außerdem ist so etwas schwer auf Fotos abzubilden. Aber vielleicht geben die paar Bilder, die ich gemacht habe, zumindest eine Ahnung der Naturgewalten, mit denen man es zu tun hat.

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Das alles mag sich vielleicht für den Laien gefährlich anhören, ist es aber keineswegs. Unsere gute ORION ist für solches Wetter gebaut und zugelassen worden. Alle Sicherheitseinrichtungen, die deutsche Behörden fordern, sind an Bord und noch viel mehr. Bei der richtigen Besegelung (in diesem Fall 2. oder 3. Reff und Sturmfock am Kutterstag) läuft das Bott auch bei diesem >Wind wie auf Schienen und man hat in keinem Moment irgendein Gefühl von Unsicherheit oder sogar Angst. Und das sag nicht nur ich, sondern das bestätigen mir auch alle Crewmitglieder, die dabei waren.

Natürlich bedarf es dazu eines gepflegten und gut gewarteten Schiffs wie der ORION. Gleichzeitig mit uns fuhr in Las Palmas ein anderes Boot los, das eigentlich auch Kojencharter fahren sollte. Gottseidank fanden sich aber keine Kunden, die auf diesem Seelenverkäufer unter griechischer Flagge mitfahren wollten. Nachdem schon in Gran Canaria laufend repariert wurde, traute man sich schließlich zu dritt auf die Heimreise ins Mittelmeer. Neben vielen anderen kleineren Dingen funktionierte die Genua nicht richtig, das Sturmvorsegel war nicht am klappernden Kutterstag zu fahren und zu allem Überfluss fiel bei diesem Sturm auch noch die Maschine aus, ganz zu schweigen von kaputt gehenden Lenzpumpen und was weiß ich noch alles. Der arme Skipperkollege von mir musste schließlich einen Dringlichkeitsruf absetzen und sich am Morgen des Sturmtages von der Seenotrettung in den Hafen schleppen lassen. Nie würde ich auf einem solchen Kahn auch nur einen Meter fahren.

So, und nachdem wir uns alle erholt haben, wird dann der nächste Bericht die Fortsetzung meiner letztjährigen Liebeserklärung an die Blumeninsel Madeira